Dienstag, 30. Jänner 2007

Die Grausamkeit des Flusses

Ich fahre einen Opel. Aber ich überlege ernsthaft, ob ich mir nicht einen Mazda zulege. Denn die Bemühungen, die der japanische Autokonzern an den Tag legt, sollten belohnt werden. Wovon ich rede, ist der Mazda 3 Werbespot, in dem ein Hund an das rechte vordere Eck eines Auto pinkelt. Kurz darauf öffnet sich rechts oben, als aufklappbarer Scheinwerfer getarnt, ein genau für diesen Zweck installierter Spritz-Mechanismus, der im Gegenzug den Hund voll nässt. Genial! Auf so etwas warte ich schon seit Jahren.

Denn immer wieder passiert es mir, dass ich unverschämte Hundebesitzer dabei beobachte, wie sie ihre noch unverschämteren kleinen Vierbeiner auf die Vorderseite verschiedenster Fahrzeuge urinieren lassen. Noch unerträglicher wird es, wenn ich mich gerade selbst im Auto befinde und sich so ein „ich pisse auf die ganze Welt“-Duo auf mein Auto zu bewegt, anhält und die kleine Bestie anschließend auf meinen Kotflügel äußerlt. Im Regelfall dreht sich der Besitzer mit einem unschuldigen Blick zur Seite und lobt nach erledigtem Geschäft das Drecksvieh auch noch mit den Worten „Brav Bubi, so is recht!“. Leider hatte ich in der Vergangenheit noch nicht den Mut aufbringen können, aus dem Auto zu springen und vom Missetäter eine Reinigung meines Wagens einzufordern.

Der Gipfel dieser Grausamkeit ist allerdings, wenn sich die Hunde an allein stehende Fahrräder heranmachen, sie von oben bis unten voll sauen. Nur einmal habe ich solch eine Tat mit meinem berühmt, berüchtigtem bösen Blick kommentiert, der dem Besitzer hoffentlich im Gedächtnis geblieben ist.

gump

Freitag, 26. Jänner 2007

Die Ästhetik des Unbedruckten

Selten, aber doch raffe ich mich dazu auf mich neu einzukleiden. Meistens dann, wenn ich eigentlich gar keine Lust dazu habe. Dennoch verspüre ich jedoch in regelmäßigen Abständen den Drang mich selbst in stundenlange Entscheidungskämpfe zwischen zwei verschiedenen Pullis oder T-Shirts zu verwickeln, um mich auf eine recht oberflächliche Art selbst zu erneuern. Und immer wieder fällt mir folgendes auf: es gibt kaum einen Laden, der sich auf meinen Geschmack spezialisiert hat. Und das, obwohl es so einfach wäre. Ich weiß nicht, wie es ihnen geht, aber ich bevorzuge simple, einfärbige Kleidung, deren Schönheit sich durch das Fehlen eines Aufdrucks offenbart. Modedesigner sehen das offensichtlich anders.

Denn kaum ein Kleidungsstück verfügt heutzutage mehr über diese schlichte Eleganz, die ein einfaches Schwarz oder ein farbenfrohes Rot ausstrahlt. Überall springen einem diese schrecklichen Schriftzüge und Bilder ins Auge und aufgenähte Trademarks in überdimensionaler Größe lassen mir das Mittagessen hoch kommen. Seien sie ehrlich? Gefallen ihnen bedruckte T-Shirts? Oder bin ich auf dieser Welt der einzige Verfechter bodenständiger Dresscodes? Nein. Gott sei Dank!

Neben mir schieben zwei junge, weibliche Fashionvictims Kleiderbügel für Kleiderbügel zur Seite, um ein passendes Modell für ihre Ansprüche zu finden. Plötzlich hören meine spitzen Ohren folgenden Satz: „Das Leiberl wär echt cool, aber immer schreiben`s so einen Scheiss drauf. Schade!“. Der Tag ist gerettet, die unbrauchbaren Aufdrucke haben verloren. Und eines Tages werde ich selbst zur Tat schreiten, und meine eigene Kollektion auf den Markt schmeißen. Marke unbedruckt! Bis dahin werde ich mich allerdings mit der stumpfsinnigen Spruch-Ästhetik abfinden müssen, wie ich es vor wenigen Tagen mit dem Kauf eines bedruckten T-Shirts schon versucht habe. Darauf stand auf türkisem Hintergrund in großen, orangen Lettern: The End.
gump

Dienstag, 23. Jänner 2007

Das Phänomen der Hälfte

Neulich sitze ich beim Chinesen und freue mich auf mein Mittagsgericht mit Curry-Reis und Huhn. Noch ahne ich nicht, dass meine Aufmerksamkeit in wenigen Minuten auf ein kleines, aber für mich unerklärliches Phänomen gerichtet sein wird. Manche Dinge haben einen Grund. Trotzdem sind sie oft nicht verständlich und bringen einen zum Verzweifeln. Ein Glas Soda mit Zitrone gehört genau zu diesen Dingen.

Ich sitze also im Lokal und bestelle mein Getränk, ein Glas Soda mit Zitrone eben. Und wie es der Zufall will, findet sich in meinem Glas tatsächlich ein Stück Zitrone. Allerdings nur die Hälft davon. Ich denke mir nichts dabei und setze zum wohlverdienten Schluck an, als sich die Zitronenhälfte während des Glashebens direkt auf die Seite meines Mundes dreht. Ich mache einen unbefriedigenden Schluck, stelle das Glas zurück auf den Tisch und beobachte, wie sich die Hälfte wieder zurück auf die gegenüberliegende Seite des Glases dreht.

In diesem Moment überkommt es mich und ich nehme einen weiteren Schluck. Wieder rotiert die kleine, gelbe Scheibe herum und versperrt den Zugang zu meinem Mund. Ich lasse das Glas sinken und setzte es erneut auf den Tisch. Was geht hier vor sich? Völlig verdutzt probiere ich es ein drittes Mal. Wieder das selbe, nur diesmal werde ich leicht nervös. Ich sehe mich um. Außer mir trinkt keiner Soda, geschweige denn Cola mit Zitrone.

Ich frage mich, ob es vielleicht helfen würde, nicht daran zu denken und beginne ein Gespräch mit meiner Freundin, die mir gegenüber sitzt und von meiner kleinen Panik nichts ahnt. Zwischendurch nehme ich einen Schluck. Erwischt! Die Zitrone hat nur eine halbe Drehung vollzogen. Höchst entzückt ob meiner genialen Verwirrungstaktik lasse ich es bleiben. Der Kellner bringt mir mein Essen, worauf hin ich genüsslich in mich hinein schaufle und mit meiner Freundin weiter plaudere. Ein paar Minuten später ist der Teller leer und wir winken den Kellner herbei, um zu zahlen. Ich blicke in mein Glas, das ebenfalls leer ist. Geschafft!

gump

Die Absicht der Langsamkeit

Immer wieder passiert es mir, dass ich mich bei diversen Shoppingtouren einbremsen muss, weil mir irgendein Schwarm dahergelaufener Ebenfalls-Shopper vor die Füße läuft. Und das meistens genau dann, wenn ich selbst gerade so schön im Gleichschritt über die Einkaufsstrasse trotte. Meistens fällt mir dabei eine Textpassage der deutschen Indie-Rocker Tocotronic ein, die in einem ihrer Songs die völlig berechtigte Frage stellen: „Gehen die Leute auf der Strasse eigentlich absichtlich so langsam?“. Und ich stelle mir diese Frage auch!

Was aber ist der Grund für dieses nervenaufreibende Verhalten?

Liegt es vielleicht daran, dass ich schlicht zu schnell für diese Welt bin? Oder gibt es Leute, die sich mit Absicht der Langsamkeit verschrieben haben, um ihre Mitmenschen zu provozieren? Und gerade als ich der Beantwortung dieser Fragen auf den Zahn fühle, latscht mir jemand direkt von hinten in mein Kreuz.

Gehöre ich etwa auch zu denen? Bin ich ein Teil dieser, sich gegen alle Geschwindigkeit verschworenen, Bewegung? Ich verweile einen kurzen Augenblick an Ort und Stelle, um mir diese Gedanken durch den Kopf gehen zu lassen. Aber kaum komme ich wieder zu mir, da pöbelt mich schon der nächste an: „Kannst du nicht schneller gehen?“.

Völlig verunsichert setzte ich mich ins nächste Kaffee, um neuen Mut zu tanken und anschließend auf dem kürzesten Weg ins traute Heim zurückzukehren. Auf dem Weg dahin, getrieben von ungebändigter Wut und purem Selbsterhaltungstrieb, hat sich nichts geändert. Der gleiche schlurfende Mob, der mir noch vor wenigen Minuten das Leben zur Hölle gemacht hat. Erneut fällt mir eine Textzeile von Tocotronic ein, die da lautet: „Jetzt geht wieder alles von vorne los“. Diesmal allerdings finde ich mit meinem kleinen, unbedeutenden Problem ab und füge mich der Masse, um ein Teil von ihr zu werden.

gump